Vier Jahre später - Eine Ohrfeige für die Pflege
- Jan Honegger
- 22. Mai
- 1 Min. Lesezeit
Jetzt mal Klartext:
Der Bundesrat hat sich nun nach fast vier Jahren endlich durchgerungen, das zweite Paket der Pflegeinitiative vorzustellen. Und was soll man sagen? Es ist ein Trauerspiel.
Ja, der Dienstplan soll neu mindestens vier Wochen im Voraus festgelegt werden. Was in der Theorie nett klingt, ist in der Praxis ein Rückschritt. Viele Betriebe schaffen heute schon zwei Monate Vorlauf. Jetzt gibt es ein gesetzliches Minimum – das nur dazu einlädt, sich genau daran entlangzuhangeln. Flexibilität? Planbarkeit? Eher Fehlanzeige.
Auch die 42-Stunden-Woche wird nun festgeschrieben. Bravo. Die Realität hat das Gesetz also eingeholt – und das wird nun als Fortschritt verkauft?
Aber das Schlimmste: Es gibt immer noch keinerlei gesetzlich definierte Personalquote. Keine verbindliche Regelung, wie viele Pflegende auf wie viele Patient*innen kommen müssen – egal ob im Spital, in det Spitex, in der Psychiatrie oder im Pflegeheim. Das ist nicht nur enttäuschend – das ist brandgefährlich.
Und wieder fehlt jede ernsthafte Aussage zur Finanzierung. Die Betriebe kämpfen ums Überleben, Pflegepersonal kündigt reihenweise und Bund wie Kantone schauen weiter weg. Keine klaren Mittel, keine Sicherheitsnetze – nur leere Worte.
61% der Bevölkerung haben im November 2021 ein starkes Zeichen gesetzt: Sie wollen echte Verbesserungen in der Pflege. Doch was wir jetzt bekommen, ist Symbolpolitik und Schönfärberei.
Was hier passiert, ist nicht einfach politisches Versagen. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die tagtäglich im System über ihre Grenzen gehen. Und es ist ein massiver Risikofaktor für uns alle – weil Pflege keine Randnotiz ist. Pflege betrifft jeden: Nach einem Unfall. Bei psychischer Erkrankung. Im Alter. Im Pflegeheim. Zu Hause.
Wenn wir so weitermachen, brennt das System nicht nur – es wird einstürzen.



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